Jede siebente Grundschule verfehlt gesetzliche Vorgaben zum Unterrichtsbeginn

An reichlich jeder siebenten öffentlichen Grundschule in Sachsen beginnt der Unterricht bereits vor 7.30 Uhr – obwohl der Unterricht laut § 8 Absatz 2 Schulordnung Grundschulen erst zwischen 7.30 und 9.00 Uhr beginnen soll. Dies ergab die Antwort des Kultusministers auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion im Sächsischen Landtag (Drucksache 4/3467).

In folgenden Kommunen sind die Schüler in mindestens einem Viertel der Grundschulen im Kreisgebiet betroffen: Mittlerer Erzgebirgskreis (25,0 Prozent), Landkreis Torgau-Oschatz (25,0), Weißeritzkreis (26,9), Landkreis Döbeln (30,8) und Stadt Plauen (36,4). Den höchsten Anteil von Grundschulen, an denen der Unterricht vor 7.30 Uhr beginnt, hat der Regionalschulamtsbezirk Zwickau (18,8 Prozent) vor dem RSA Bautzen (17,0) und dem RSA Chemnitz (14,5).

Auch an fast jeder dritten Mittelschule und jedem vierten Gymnasium in Sachsen beginnt der Unterricht bereits vor 7.30 Uhr. Die Zahlen für alle Landkreise und kreisfreien Städte, Regionalschulämter und ganz Sachsen sind in der Antwort auf die Kleine Anfrage „Unterrichtsbeginn an Schulen im Freistaat Sachsen“ (Drucksache 4/3467) zu finden.

In der Debatte um den FDP-Antrag „Späterer Schulbeginn – Für ein besseres Lernen“ (Drucksache 4/2951) am 06. Oktober 2005 hatte Kultusminister Steffen Flath (CDU) noch von „Extremfällen“ gesprochen. Und, so Flath: „Das Thema kann einem ziemlich auf den Wecker gehen.“ Der FDP-Antrag, der einen Schulbeginn nicht vor 8 Uhr forderte, war dann von der CDU/SPD-Mehrheit im Landtag niedergestimmt worden.

Dazu erklärt der Chemnitzer FDP-Landtagsabgeordnete Dr. Andreas Schmalfuß:

„Die aktuellen Zahlen zeigen, dass zu früher Unterrichtsbeginn nicht nur ein Problem in wenigen Einzelfällen ist. Die gesetzlichen Vorgaben, die Kultusminister Steffen Flath (CDU) als ausreichend betrachtet, werden nicht eingehalten. Die Schulschließungspolitik von CDU und SPD hat das Schulnetz vor allem im ländlichen Raum weiter ausgedünnt. Bereits um 5 Uhr müssen einzelne Schüler aufstehen, um rechtzeitig zum Schulbus zu kommen. Niemand kann ernsthaft erwarten, dass die Kinder so früh am morgen bereits fit und aufnahmefähig sind. Und der Schulweg wird für schlaftrunkene Schüler zu einer ernsthaften Gefahr.

Biologen und Mediziner sind sich längst einig: Optimal wäre ein Unterrichtsbeginn um 9 Uhr. Nur in die Köpfe von Kultusbürokraten haben es solche Erkenntnisse noch nicht geschafft. Was Kindern und Jugendlichen mit dem frühen Aufstehen angetan wird, ist schlichtweg unverantwortlich. Eine moderne Schule muss optimale Lernbedingungen schaffen. Zwar können Eltern und Schüler in der Schulkonferenz theoretisch mitentscheiden – die Koordinierung von Schülern aus immer größeren Einzugsgebieten und die Organisation des Schülerverkehrs machen eine Entscheidung für einen späteren Unterrichtsbeginn aber praktisch unmöglich.“

F.d.R.d.A.
Andreas Novak
Pressesprecher
FDP Landtagsfraktion

Datum: 20060109