Rede im Sächs. Landtag: Juniorprofessur – Andreas Schmalfuß

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren,
die Juniorprofessur wurde mit der Änderung des Hochschulrahmengesetzes im Jahr 2002 auf Bundesebene eingeführt. Seit dem 27. Juli 2004 haben wir Kenntnis davon, dass die Juniorprofessur eine Umsetzung in eine eigene landesrechtliche Regelung erfordert. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Länder Thüringen, Bayern und auch Sachsen gegen die Vorgaben des Bundes zur
Juniorprofessur vor dem Verfassungsgericht geklagt und Recht bekommen.
Seit dem Urteil fehlt im Freistaat Sachsen die Rechtsgrundlage für die Ernennung neuer und für bereits bestehende Juniorprofessoren, die derzeit im Rahmen von Übergangsvorschriften weiter bestehen.

Die Zielsetzung der Juniorprofessur ist es, jungen Nachwuchswissenschaftlern schon mit Ende 20 selbständiges Lehren und Forschen zu ermöglichen und die wissenschaftliche Karriere attraktiver zu gestalten. Ein abgeschlossenes Hochschulstudium, pädagogische Eignung und die besondere Befähigung zu wissenschaftlicher Arbeit sind die Einstellungsvorrausetzungen für eine Juniorprofessur. Sie nehmen Aufgaben in Forschung und Lehre sowie in den Hochschulgremien war, betreuen Promotionen
und Studienabschlussarbeiten und sind berechtigt Prüfungen abzunehmen.

Sehr geehrte Damen und Herren,
mit einer rechtlich abgesicherten Juniorprofessur werden die sächsischen Hochschulen im internationalen Wettbewerb um die besten Köpfe attraktiver. Die langfristige Sicherung des Wissenschaftsstandortes Sachsen erfordert eine internationale
Konkurrenzfähigkeit um die talentiertesten wissenschaftlichen Nachwuchseliten. Der Freistaat Sachsen ist aber das letzte Bundesland, welches keine rechtliche Grundlage für die Juniorprofessur hat. Das Schneckentempo der Schwarz-Roten
Regierungskoalition gefährdet damit die Konkurrenzfähigkeit der sächsischen Hochschulen. Im Fall der rechtlichen Umsetzung der Juniorprofessur hat das Staatministerium für Wissenschaft und Kunst kläglich versagt.

Seit zwei Jahren hat das Ministerium positive Kenntnis davon, dass der Freistaat Sachsen eine eigene landesrechtliche Grundlage schaffen muss. Mit dem Gesetz zur Änderung dienst- und arbeitsrechtlicher Vorschriften im Hochschulbereich
vom 27. Dezember 2004 gab es auch eine Verpflichtung, die Juniorprofessur bis zum 31. Dezember 2006 umzusetzen.

Sehr geehrte Damen und Herren,
die Notwendigkeit der Juniorprofessur ist inhaltlich unumstritten und im Koalitionsvertrag von CDU und SPD vereinbart. Was fehlt, ist die handwerkliche Umsetzung. Dabei hat es nie an Gelegenheiten gemangelt. Erst Ende vergangenen Jahres haben wir im Sächsischen Landtag das Hochschulgesetz geändert und darin die neuen Abschlüsse Bachelor und Master verankert. Bereits zum damaligen Zeitpunkt wäre eine gesetzliche Regelung der Juniorprofessur möglich gewesen.

Sehr geehrte Frau Staatsministerin Ludwig,
sie hätten wissen müssen, wie wichtig die schnelle rechtliche Absicherung der Juniorprofessur ist. Stattdessen gerät die Umsetzung der Juniorprofessur in den Streit von CDU und SPD über die Große Novelle zum Sächsischen Hochschulgesetz.
Die erhebliche Verzögerung der Umsetzung der Juniorprofessur ist ein Baustein für die anhaltende Lähmung in der Entwicklung der sächsischen Hochschulen. Der Freistaat Sachsen ist in dieser Angelegenheit zum Schlusslicht in Deutschland
geworden. In fast allen Bereichen hinkt Sachsen bei den rechtlichen Vorgaben für die erfolgreiche Weiterentwicklung der Hochschulen hinterher.

Sehr geehrte Damen und Herren,
ich möchte in diesem Zusammenhang an das Besoldungsreformgesetz erinnern. Die Einführung der W-Besoldung sollte eine flexiblere Bezahlung zulassen und weiteres Spitzenpersonal an die sächsischen Hochschule rufen. In der Realität hat Sachsen den niedrigsten Besoldungsdurchschnitt aller deutschen Bundesländer angesetzt. Diese Tatsache erfreut sicherlich
Finanzminister Horst Metz, doch bekommen die sächsischen Hochschulen damit eben nicht das erhoffte internationale Spitzenpersonal. Der Freistaat Sachsen verfügte in den 90-iger Jahren über eines der modernsten Hochschulgesetze. Leider haben wir es nicht geschafft, das Gesetz den heutigen Bedürfnissen anzupassen. Mehr Autonomie für Hochschulen, mehr Freiheit für Forschung und Lehre sowie weniger Bürokratie und Globalhaushalte sind erforderlich damit sächsische Hochschulen im internationalen Wettbewerb bestehen können. Die Große Novelle zum Sächsischen Hochschulgesetz sollte im April 2006, dann im Sommer diesen Jahres und nach der neuesten Meldung wird es das Gesetz erst im nächsten Jahr geben. Das ist Politik im Schneckentempo in Reinkultur.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von CDU und SPD, Sie können nicht ewig diskutieren, sie müssen auch einmal Entscheidungen treffen. Die sächsischen Hochschulen meistern die schwierigen Bedingungen mit großem Einsatz, doch gerade bei der Juniorprofessur sind die Auswirkungen des Nichthandelns der Regierung spürbar.

Sehr geehrte Damen und Herren,
ich möchte an dieser Stelle exemplarisch die Folgen dieses Stillstandes zu beschreiben. Diese wurden durch eine Pressemitteilung der TU Chemnitz am 15. Mai 2006 und durch die Resolution der sächsischen Juniorprofessoren vom 24.
Mai 2006 eindrucksvoll dargestellt. Die TU Chemnitz verlor einen Nachwuchswissenschaftler an die Smart Material
GmbH. Für diesen Wissenschaftler war die Rechtsunsicherheit in Bezug auf die Juniorprofessur unerträglich gewesen. In der Resolution sprechen die sächsischen Juniorprofessoren von Demotivation, Frustration und einem erheblichen Maß an
Behinderung ihrer Arbeit durch die fehlende rechtliche Absicherung der Juniorprofessur. So können sächsische Doktoranden, für die von sächsischen Juniorprofessoren Drittmittel eingeworben wurden, nicht von sächsischen Juniorprofessoren promoviert werden. Einige der Doktoranden schließen das Promotionsverfahren jetzt in anderen Bundesländern oder im Ausland ab. Viele potentielle Juniorprofessoren wandern wegen der fehlenden Rechtsgrundlage ab.

Sehr geehrte Damen und Herren,
das Schneckentempo im Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst hat bereits Schäden in der Hochschullandschaft angerichtet. Dabei hilft es nichts, jetzt auf den Gesetzentwurf der Staatsregierung zu warten, den sie am 12. Juni
2006 angekündigt hat. Sicherlich hat sich das Ministerium auch dazu genötigt gefühlt, nachdem am 8. Juni
2006 der Gesetzesentwurf der FDP-Fraktion in den Geschäftsgang gegeben wurde. Nach Aussagen der Staatsregierung wird ihr Gesetzentwurf ein Teil des Haushaltsbegleitgesetzes sein. Dieses Gesetz wird erst gegen Ende des Jahres 2006
beschlossen werden.

Sehr geehrte Damen und Herren,
der Sächsische Landtag hat es – ein halbes Jahr eher – in der Hand, den Gesetzentwurf zur Juniorprofessur nach entsprechender Behandlung in Ausschüssen schon im Juli 2006 im Plenum zu beschließen. Ich lade sie im Interesse der sächsischen Hochschulen zu einer erfolgreichen Zusammenarbeit an diesem Gesetzentwurf ein.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

Dr. Andreas Schmalfuß
(es gilt das gesprochene Wort)

Datum: 20060621