Beschäftigungsbrücke Ost (Jugendteilzeithilfe) – ein gutes Fundament oder nur Augenwischerei?

Der Konzeption der so genannten „Beschäftigungsbrücke Ost“ liegt die Annahme zugrunde, dass in den ostdeutschen Betrieben eine Überalterung des Stammpersonals eingetreten ist und durch den Eintritt der älteren Beschäftigten in die Altersrente in den nächsten Jahren Fachpersonal benötigt wird. Dabei macht der Bundesregierung die starke Abwanderung fertig ausgebildeter Jungendlicher in die alten Bundesländer große Sorgen. In diesem Zusammenhang wird zudem die geringe Ausbildungsquote ostdeutscher Betriebe gesehen, so dass ab dem Jahre 2006 ein starker Fachkräftebedarf in Ostdeutschland vorher gesehen wird.

Die Beschäftigungsbrücke soll nun dadurch geschlagen werden, dass Jugendliche nach ihrer Ausbildung, die, durch ältere Arbeitnehmer vorher freigegeben Teilarbeitsplätze – vorzugsweise im Rahmen der Altersteilzeit der Älteren – übernehmen und die Jugendlichen dafür als Anreiz zum normalen (Teilzeit-)Lohn einen Zuschuss in Höhe von 20% zu ihrem Arbeitsentgelt vom Arbeitsamt erhalten. Insbesondere bei der Kombination mit der Altersteilzeitförderung besteht die Möglichkeit, dass geförderte Jugendliche als Wiederbesetzer eingestellt werden. Die Arbeitgeber können dann vom Arbeitsamt die entsprechende Förderung beanspruchen.
Dabei wird die Bezuschussung aus den Mitteln für das Jugendsofortprogramm der Bundesregierung finanziert.

Es stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, wie sinnvoll ist eine solche Förderung der Jugendlichen überhaupt und wie ist die arbeitsmarktpolitische Dimension dieser Förderung einzuschätzen.

Zuerst muss man sicherlich der Bundesregierung attestieren, dass das Grundanliegen der Förderung, ein „Ausbluten“ Ostdeutschlands infolge der Abwanderung der Jungendlichen in die alten Bundesländer zu verhindern, richtig ist. Der gefundene Weg ist allerdings sehr fragwürdig.

Neu ausgebildete Jugendliche sind in der Regel voll leistungsfähig. Die Jugendteilzeithilfe fördert aber eben gerade nicht die Vollbeschäftigung der Jugendlichen, sondern setzt einen Anreiz für ihr Nichtstun. Kann es denn richtig sein, wenn Potential der jungen Arbeitnehmer ungenutzt bleiben. Zudem entsteht eine ungerechtfertigte Benachteiligung der vollzeitbeschäftigten Jugendlichen gegenüber den teilzeitbeschäftigten . Verstärkt wird dies durch die festgeschriebenen Ausschlusstatbestände, mit denen gerade die Vollzeitbeschäftigung der Jugendlichen verhindert werden soll.

Die Förderung verkennt zudem völlig den Adressatenkreis, der die verfolgten Ziele umzusetzen vermag. Was nützt es, wenn junge Arbeitnehmer mit 20% zusätzlich zu ihren Teilzeitlohn gefördert werden, aber insbesondere in Ostdeutschland nur eine sehr geringe Anzahl an Teilzeitarbeitsplätzen vorhanden ist? Hier wird die tatsächliche Arbeitsmarktsituation völlig falsch eingeschätzt! Arbeitsplätze können nur in den Betrieben entstehen und nicht durch eine zusätzliche Förderung derer, die diese vielleicht besetzen sollen also Nutznießer dieser Förderung sind.
Richtige Ansprechpartner wären die Arbeitgeber, die entsprechende Arbeitsplätze einrichten und zur Verfügung stellen sollen sowie die älteren Arbeitnehmer, die freiwillig auf einen entsprechenden Teil ihres Lohnes verzichten. Aber eine entsprechende Förderung dieses Adressatenkreises ist nicht vorgesehen. Worin sollte also die Motivation der Arbeitgeber und älteren Arbeitnehmer bestehen? Diese Frage wurde von der Bundesregierung bislang nicht beantwortet. Insoweit macht eine solche Förderung arbeitsmarktpolitisch keinen Sinn.

Darüber hinaus berücksichtigt die Bundesregierung nicht, dass die diesjährige Mittelsituation der Bundesanstalt für Arbeit sehr angespannt ist. Würde die Jungendteilzeithilfe, wie von der Bundesregierung erhofft, in bedeutenden Ausmaß beansprucht werden, kann davon ausgegangen werden, dass die Arbeitsämter zur Finanzierung der Jugendteilzeithilfe interne Umschichtungen vornehmen müssten. Die derzeitige Haushaltslage der BA lässt eine zusätzliche Finanzierung dieser neuen Förderungsart im laufenden Haushaltsjahr nur unter erschwerten Bedingungen oder im Extremfall gar nicht zu. Es muss in diesem Zusammenhang generell hinterfragt werden, wie denn die Mittelsituation in dem jeweiligen Arbeitsamt vor Ort ist? In einer Vielzahl der Fälle kann davon ausgegangen werden, dass sie nicht ausreicht.

Es ist also zu vermuten, dass diese neue Förderungsart ein weiterer arbeitsmarktpolitischer Flop wird. Man muss sich schon fragen, ob die jetzige Bundesregierung überhaupt in der Lage ist arbeitsmarktpolitischen Probleme, vor allem jugendlicher Arbeitnehmer, wirklich lösen zu wollen und wie ehrlich sie an diese Probleme herangeht.

Wolfgang Lesch

Datum: 20020801